Sonderkündigungsrecht greift auch bei gesetzlicher Gasumlage

Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) – Aktenzeichen: 11 O 118/23

Sachverhalt:
Der Kläger schloss am 02.10.2022 über ein Vergleichsportal einen Gasliefervertrag mit Preisgarantie über eine feste Laufzeit mit dem Beklagten ab. Eine Bestätigung dazu folgte am 18.08.2022. Bereits am 19.08.2022 will die Beklagte per E-Mail- Schreiben eine Preiserhöhung wegen der von der Bundesregierung eingeführten Gaspreisumlage an den Kläger gesandt haben, deren Zugang beim Kläger streitig ist. Mit E- Mail Schreiben vom 09.11.2022 und 10.11.2022 teilte die Beklagte dann auf Nachfrage eine Gaspreiserhöhung aufgrund der Einführung bzw. Erhöhung diverser Gaspreisumlagen mit. Der Kläger kündigte daraufhin den Gasliefervertrag mit Schreiben vom 14.11.2022 zum 30.11.2022 unter Berufung auf die BGH- Entscheidung Az. VIII ZR 163/16. Die Beklagte wies die Kündigung zurück und gab den Vertrag nicht zur Übertragung auf einen anderen Gasversorger frei. Der Kläger beantragte nun die Beendigung des Gasliefervertrages durch die Kündigung des Klägers festzustellen und den Beklagten zu verurteilen der Ummeldung des Gaslieferanten zum Grundversorger, nach §20a EnWG zuzustimmen.

Entscheidungsgründe:
Der Kläger hat den Gasliefervertrag mit der Beklagten wirksam zum 30.11.2022 gekündigt. Die Kündigung ist der Beklagten zugegangen. Ein
Sonderkündigungsrecht ergibt sich aus der BGH- Entscheidung Az. VIII ZR 163/16, wonach bei einer einseitigen Preiserhöhung durch den Energieversorger ein Sonderkündigungsrecht besteht. Die Kündigung führt zur Beendigung des Vertragsverhältnisses. Eine Gaspreisumlage ist gegenüber dem Kläger auch nicht angekündigt worden. Der Kläger hat von Anfang an bestritten, dass ihm eine solche zugegangen ist. Bis heute
hat die Beklagte den Zugang dieser angeblichen E-Mail vom 19.08.2022 nicht nachgewiesen. Eine Erwähnung dieser E-Mail erfolgte in der wechselseitigen Korrespondenz auch erstmalig am 20.03.2023. Mit Schreiben vom 10.11.2022 erläutert die Beklagte erstmals gegenüber dem Kläger, dass ein höherer Abschlag aufgrund der Umlagen entsteht. Aufgrund dieser Information hat der Kläger am 14.11.2022 die Sonderkündigung erklärt.  Ein Sonderkündigungsrecht bei einseitiger Preiserhöhung besteht auch für gesetzlich bestimmte Umlagen, wenn diese nicht von einer entsprechenden vertraglichen Preisanpassungsklausel gedeckt ist. Die Beklagte beruft sich auf die Ziffer 7.6 ihrer
AGB. Hiernach erfolgt aber eine Weiterberechnung nicht, wenn die Mehrkosten nach Höhe und Zeitpunkt bei Vertragsschluss konkret vorhersehbar waren. Nach dem Vortrag der Beklagten ist der Vertrag zwischen den Parteien am 18.08.2022 geschlossen worden. Am 19.08.2022, also einen Tag nach Vertragsschluss will die Beklagte den Kläger darüber informiert haben, „dass sie im Einklang mit Ziffer 7.6 der zwischen den Parteien vereinbarten Allgemeinen Lieferbedingungen diese hoheitlichen Umlagen mit Wirkung zum 01.10.2022 an den Kläger weitergeben
werde.“ Dieses Schreiben kann die Beklagte nicht am 19.08.2022 verschickt haben, wenn ihr die Höhe und der Zeitpunkt der Gasumlage nicht bereits vor dem 19.08.2022, also vor Vertragsschluss bekannt gewesen war. Nach den eigenen AGB´s hätte die Beklagte dann aber die Umlage nicht preiserhöhend weitergeben dürfen. In jedem Fall kann diese AGB-Klausel nicht als Preisanpassungsklausel herangezogen werden, die das Sonderkündigungsrecht wirksam ausschließen kann. Das Sonderkündigungsrecht kann erst genutzt werden, wenn der vertraglich
festgelegte Preis einseitig erhöht wurde. Hierzu bedarf es des Zugangs einer entsprechenden Erklärung des Versorgers. Die Kündigung wurde durch den Kläger nach diesem Zugang frist- und formgerecht zum 14.11.2022 erklärt, nach dem der Kläger am 10.11.2022 per Schreiben über die einseitige Preiserhöhung in Kenntnis gesetzt wurde.

Wenn es nur um den Verkauf geht:
Innovatives Tochterunternehmen eines Dortmunder Energieversorgers rechnet falsch ab und akzeptiert berechtigte Kündigungen nicht.
„Update : Unregelmäßigkeiten bei stadtenergie werden umfassend aufgeklärt Bei der stadtenergie GmbH, einer Tochtergesellschaft der Dortmunder Energie- und Wasserversorgung GmbH (DEW21), ist es im Zeitraum 2022/23 zu Unregelmäßigkeiten bei Kund*innenabrechnungen
gekommen. Die DEW21 Geschäftsführung und stadtenergie hatten unmittelbar nach Bekanntwerden der Unregelmäßigkeiten eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet. Dazu gehörte neben der Freistellung einer zuständigen Führungskraft auch die Beauftragung renommierter Wirtschaftsprüfer*innen und Datenanalyst*innen zur genauen Untersuchung des Vorfalls. Die Expert*innen sind jedem einzelnen Abrechnungsschritt akribisch nachgegangen. Anhand der unverändert laufenden forensischen Untersuchungen haben sich inzwischen Anhaltspunkte für Rechtsverstöße weiter erhärtet, die nun zu weiteren Untersuchungen führen. Die DEW21 ist dazu mit der Staatsanwaltschaft in Dortmund in Kontakt und informiert diese regelmäßig über den Stand der internen Untersuchung. Kund*innen der Stadtenergie, die in diesem Zusammenhang von einer fehlerhaften Abrechnung betroffen sind, werden derzeit von der Stadtenergie schnellstmöglich informiert und die Abrechnungen selbstverständlich korrigiert, sodass ihnen kein Schaden entsteht. Die Kund*innen müssen hier nicht selbst aktiv werden. Die entstandenen Unannehmlichkeiten bedauern wir. Kund*innen von DEW21 sind von den fehlerhaften Abrechnungen nicht betroffen. Für Fragen können sich stadtenergie-Kund*innen montags bis freitags von 8:00 bis 18:00 Uhr gerne direkt an den Service der stadtenergie unter der Telefonnummer 0231-7001212 wenden. DEW21 akzeptiert kein unrechtmäßiges Handeln. Ehrlichkeit ist einer der fünf Werte, die das tägliche Handeln, die Entscheidungen und die Zusammenarbeit im Unternehmen prägen.“ https://stadtenergie.de/