Erstattung von Nachlassverbindlichkeiten aus ungeteiltem Nachlass – Gesamthandsklage unter Erben

Beschluss des OLG Brandenburg vom 25.05.23, AZ: 3 U 65/23

Das OLG weist auf die Zulässigkeit der Gesamthandklage des einen Erben gegen den anderen Erben auf Erstattung der vollen Nachlassverbindlichkeiten aus dem ungeteilten Erbe hin.

Die Inanspruchnahme eines Erben als Gesamtschuldner nach § 2058 BGB sei hingegen nur entsprechend der Erbquote möglich.


Geschwister beerben ihre Mutter zu je 1/2. Die Erbmasse besteht aus einem Grundstück, was noch nicht veräußert, der Nachlass also nicht geteilt ist. Ein Kind trägt zunächst allein alle im Zusammenhang mit dem Tode des Erblassers anfallenden Kosten. Dieses verklagt das andere, vermögenslose Kind auf Erstattung der vollen Kosten aus dem ungeteilten Nachlass. Das Landgericht Frankfurt/Oder gab dem statt. Das verurteilte Kind griff das Urteil vor dem OLG Brandenburg an, soweit es die hälftige Erstattung der angemessenen Kosten übersteigt.

Das OLG Brandenburg, hat mit Beschluss vom 25.03.2023 das Urteil des Landgerichts Frankfurt/Oder bestätigt.

Die Klägerin habe als Nachlassgläubigerin ausdrücklich eine Gesamthandklage erhoben (§ 2059 Abs. 2 BGB 2). Dies sei zulässig (vgl. zum Folgenden BeckOK BGB/Lohmann, 65. Ed. 1.2.2023, BGB § 2059 Rn. 6,8). Auch der Gläubiger, der zugleich Miterbe ist, kann die Gesamthandklage erheben (BGH NJW 1963, 1611 (1612); NJW-RR 1988, 710 (711); OLG Karlsruhe NJW-RR 2005, 1317 (1318); OLG Koblenz BeckRS 2021, 31925 Rn. 4; RGRK-BGB/Kregel Rn. 12). Obwohl zur Zwangsvollstreckung in den Nachlass bis zur Teilung gem. § 747 ZPO grundsätzlich ein gegen alle Erben ergangenes Urteil erforderlich ist, reicht für den Miterben-Nachlassgläubiger ein Urteil gegen die anderen Miterben (MüKoBGB/Ann Rn. 27; Staudinger/Marotzke, 2020, § 2058 Rn. 97; Garlichs JurBüro 1998, 243 (244)). Sich selbst braucht (und kann) er nicht verklagen.

Das Landgericht hat auch zutreffend die Verurteilung in Höhe des gesamten Betrages ausgesprochen. Solange der Miterben-Gläubiger Befriedigung nur aus dem ungeteilten Nachlass verlangt, kann er seinen Anspruch in voller Höhe durchsetzen, braucht sich also nicht den seiner Erbquote entsprechenden Teil des Anspruchs anrechnen zu lassen (BGH NJW-RR 1988, 710 (711). Nur wenn er, was grundsätzlich zulässig ist – einzelne oder alle Miterben gem. § 2058 BGB als Gesamtschuldner in Anspruch nimmt, ist ein seiner Erbquote entsprechender Teil des Anspruchs abzusetzen (BGH NJW-RR 1988, 710 (711)). Dies ist hier aber nicht der Fall. Die Befürchtung des Beklagten, er hafte persönlich für den ausgeurteilten Betrag, ist unbegründet. Aufgrund eines auf eine Gesamthandklage hin ergangenen Urteils kann nur in den Nachlass vollstreckt werden (BGH NJW-RR 1988, 710; MüKoBGB/Ann Rn. 20).“