(37. Rundschreiben zur 32. ordentlichen Kammerversammlung am 02. Juni 2023 nach Brandenburg an der Havel)
Fazit
Das Angebot der Rechtsanwaltskanzleien befindet sich im Umbruch.
Unter den gegenwärtigen Bedingungen ist damit zu rechnen, dass die Zahl der Rechtsanwälte in Bereichen geringer Einwohnerdichte weiter abnehmen wird. Hier sind auch die Einkommensverhältnisse zunehmend so schlecht, dass junge Rechtsanwälte sich dort nicht niederlassen können.
Auch der Zugang zur Rechtsberatung und Rechtsvertretung unterer Einkommensgruppen wird über staatliche Hilfeleistungen zunehmend nicht mehr zu gewährleisten sein. Streitigkeiten mit geringen Streitwerten werden von Rechtsanwälten nur noch dann sinnvoll bearbeitet werden, wenn sie für automatisierte Massenverfahren geeignet sind. Hier ist zu hoffen, dass Verbände, wie etwa Mietervereine, Verbraucherschutz- und Betroffenenverbände u.a. ihr Angebot ausbauen. Einzelkanzleien wird es in absehbarer Zeit nur noch in bestimmten Bereichen, wie etwa der Strafverteidigung geben.
Dem gegenüber stehen ganz neue Möglichkeiten für eine Generation, die mit der Nutzung elektronischer Medien vertraut ist. Videoberatungen, Onlineverhandlungen, Mandantenportale bieten die Möglichkeit, sich vom Spezialisten beraten zu lassen, ohne Fahrwege in Kauf nehmen zu müssen und Klagen unabhängig vom Gerichtsort zu führen. Legaltech-Anwendungen (https://www.legaltechverband.de/) bietet zudem die Möglichkeit, Abläufe effektiv zu gestalten, mit dem vorhandenen geringen Fachkräftepotential so effektiv wie möglich zu arbeiten und damit Wirtschaftlichkeit zu erreichen.
Im Ergebnis wird es zu einer Konzentration der Rechtsanwälte in mittelgroßen Sozietäten und großen Rechtsanwaltsunternehmen in den großen Städten führen. Die Vorstellung vom ehrwürdigen Rechtsanwalt, der in jeder Kleinstadt vorkommt, wird in der Ortschronik verschwinden.