Werden Kinder innerhalb einer Familie adoptiert, kann es sein, dass sie zwei Erbanteile erhalten, denn wird ein Kind von Verwandten zweiten Grades adoptiert, kann es im Fall des Versterbens einer Tante mehrere gesetzliche Erbteile erhalten, so hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschieden (Beschluss vom 15.12.2021, 21 W 170/21).


Eine Frau, die Erblasserin, war kinderlos verstorben, auch ihr Ehemann lebte nicht mehr. Ebenso waren ihre beiden Schwestern bereits gestorben. Ein Testament hatte die Erblasserin nicht. Als sie verstarb, lebten jedoch noch Nichten und Neffen. Einer der Neffen ist das leibliche Kind einer der Schwestern der Verstorbenen gewesen. Als diese aber starb, hatte die zweite Schwester der Erblasserin den Jungen adoptiert. Nach dem Tod der Erblasserin hatte der Neffe einen Erbschein nach gesetzlicher Erbfolge beantragt, nachdem er die Hälfte des Erbes bekommen soll. Denn ihm stünde sowohl über seine Adoptivmutter als auch über seine leibliche Mutter jeweils ein Viertel zu. Das Nachlassgericht gab dem Neffen Recht. Dagegen legten die übrigen Nichten und Neffen Beschwerde ein.

Doch Erfolg hatten sie nicht: Das OLG hat beschlossen, dass der Adoptivsohn hier zwei gesetzliche Erbteile erhalte. Zu Recht sei das Nachlassgericht davon ausgegangen, dass ein adoptiertes Kind in die gesetzliche Erbfolge sowohl nach seiner leiblichen Mutter als auch nach der Adoptionsmutter eintrete. Im konkreten Fall erhalte der Antragsteller daher einen Erbteil von zwei Vierteln. Die Verwandtschaftsverhältnisse seien hier ausnahmsweise nicht erloschen. Das ergebe sich aus § 1756 Abs. 1 BGB. Danach bleiben auch die alten Verwandtschaftsverhältnisse bestehen, wenn die Adoptiveltern mit dem Kind im zweiten oder dritten Grad verwandt seien. Das sei bei der Adoption des Jungen der Fall. Diese gesetzliche Ausnahme sei auch im Erbrecht zu berücksichtigen und führe dazu, dass Adoptivkinder mehrere Erbteile erhalten können, erklärte das OLG.


Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH), zugleich einziger Familiensenat und damit höchste und letzte Instanz der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Familiensachen für ganz Deutschland, hat heute entschieden, dass die leibliche Mutter auch nach Adoption ihres biologischen Kindes durch Dritte weiterhin zur Auskunft über die Identität dessen Erzeugers, des leiblichen (biologischen) Vaters verpflichtet ist (Beschluss vom 19.01.2022, XII ZB 183/21). Die Vollstreckung der Auskunftsverpflichtung stellt sich naturgemäß schwierig dar, da diese höchstpersönlich und nicht durch Ersatzvornahme erfolgen muss. Folglich werden für diesen Fall Zwangsmaßnahmen gegen die Kindesmutter unausweichlich sein, was bei hartnäckigem Schweigen zur Ingewahrsamnahme führen kann, was jedoch das Schweigen möglicherweise nicht beendet.


Sie suchen Hilfe bei einer familienrechtlichen Streitigkeit oder bei der Planung oder Gestaltung Ihres Nachlasses? Herr Rechtsanwalt Oliver Bäumker ist seit zwei Jahrzehnten im Erb- und im Familienrecht tätig und kann auf eine lange Erfahrung in Verfahren vor Familiengerichten zurückblicken. Zudem ist er zertifizierter Testamentsvollstrecker und Mitglied der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V. (DVEV).

Oliver Bäumker, Magister der Rechtswissenschaft, hat in Münster und Heidelberg studiert und war von 1998 bis 2013 als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht beim Landgericht Münster und beim Oberlandesgericht Hamm zugelassen. Nach Aufgaben beim Kreis Warendorf und in der Privatwirtschaft war er zwei Jahre in Rom ansässig. Nach Rückkehr nach Deutschland zunächst in Gütersloh und Düsseldorf tätig, ist er seit November 2021 Mitglied der Rechtsanwaltskammer Brandenburg mit Kanzleisitz in Bernau bei Berlin. Er lebt in fester Beziehung in Schönow und ist Vater einer 22 Jahre alten Tochter.