Richtliniengewirr bei der ILB Brandenburg zu Corona-Soforthilfeanträgen

Seit Anfang Januar fordert die ILB Empfänger der „Soforthilfe Corona“ dazu auf, die damaligen Angaben in ihren Anträgen zu „überprüfen“ und die Hilfezahlungen ggf. zurückzuzahlen. Allerdings verschweigt die ILB in ihren Schreiben, dass es zwei Förderrichtlinien gab, eine die vom 24.03.2020 bis zum 01.04.2020 und eine die vom 02.04.2020 bis zum 31.12.2020 galt. Diese Richtlinien unterscheiden sich in Teilen erheblich. Während die erste Richtlinie Hilfezahlungen bei durch die Coronapandemie entstehenden Liquiditätsengpässen gewährte, schränkte die nachfolgende Richtlinie den Förderzeitraum erheblich ein und schloss die Förderung von Personalkosten aus. In der Zweiten Richtlinie, auf die auch das Schreiben der ILB verweist, hieß es dann: „Der Antragsberechtigte muss versichern, dass er durch die Corona Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, die seine Existenz bedrohen, weil die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand (bspw.gewerbliche Mieten, Pachten, Leasingraten) zu zahlen (Liquiditätsengpass)..“

Für Antragsteller:innen, die einen Antrag vor dem 02.04.2020 gestellt haben, kann die zweite Richtlinie jedoch nach unserer rechtlichen Einschätzung nicht zur Anwendung gebracht werden. Das hat zur Folge, dass keine zeitliche Befristung des Hilfezeitraums auf 3 Monate besteht und nicht nur Sach- und Finanzaufwand als relevante Ausgaben zu beachten sind. Dies kann der ILB beim Nachweis der Verwendung entgegengehalten werden. Zur Unterstützung der betreffenden Antragsteller haben wir nachfolgend ein erstes Schreiben beigefügt.


Musterschreiben:

Sie fordern uns dazu auf dazu auf, unseren am ____ 2020 bewilligten Antrag vom März 2020 zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren. Diesem Schreiben ist eine Erläuterung beigefügt, in der es heißt, dass ein Liquiditätsengpass vorliegen müsse, der sich aus der Differenz zwischen den betrieblichen Einnahmen und Ausgaben für einen Zeitraum von drei aufeinanderfolgenden Monaten nach Antragstellung ergäbe.

Diese Erläuterung bezieht sich offensichtlich auf die vom 02.04.2020 bis zum 31.12.2020 geltende „Richtlinie des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg zur Gewährung einer Soforthilfe für von der Coronakrise 2020 … in Ihrer Existenz bedrohte Unternehmen und Soloselbständige“ vom 31.03.2020. Dort heißt es unter Punkt I 2. (2), dass der Antragsteller versichern müsse, dass er durch die Corona Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, die ihn in seiner Existenz bedrohen, weil die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten aus dem fortlaufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand zu zahlen.

Wir haben jedoch einen Antrag vor Geltung der vorgenannten Richtlinie zum Zeitpunkt der Geltung der „Richtlinie des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg zur Gewährung einer Soforthilfe für von der Coronakrise 2020 besonders geschädigte gewerbliche Unternehmen und Angehörige Freier Berufe“ vom 24. März 2020 gestellt.

In Punkt 1.1. der Richtlinie wird, wie auch in der übrigen Richtlinie, keine zeitliche Begrenzung definiert. Zweck des Soforthilfeprogramms ist es, gewerblichen Unternehmen im Sinne § 2 Gewerbesteuergesetz und Angehörigen der Freien Berufe, die durch die Corona-Krise in eine existenzbedrohliche wirtschaftliche Schieflage und in Liquiditätsengpässe geraten sind, zur Milderung von unmittelbaren Schäden und Nachteilen eine schnelle und angemessene finanzielle Hilfestellung zu leisten. In Punkt 3.4 ist darüber hinaus geregelt, dass die Soforthilfe den entstandenen Gesamtschaden nicht überschreiten darf.

Da die „Corona-Krise“ weiter anhält und auch weiterhin umsatzreduzierende sowie liquiditätseinschränkende staatliche Maßnahmen angeordnet werden, bitte ich um Klarstellung, dass das Schreiben der ILB vom 11.01.2022 für Antragsteller, die einen Antrag auf Gewährung von Soforthilfe vor dem 02.04.2020 gestellt haben, keine Anwendung findet. Sollte dies von der ILB anders gesehen werden, bitte ich um Mitteilung, aufgrund welcher Rechtsgrundlage die nach Antragstellung geänderten Förderbedingungen für das Zuwendungsverfahren Geltung erlangen. Soweit die ILB auf den Bewilligungsbescheid verweist, dürfte auch der in dem Bescheid enthaltene Hinweis, dass für die bewilligte Soforthilfe die Richtlinie vom 31.03.2020 gelten solle, problematisch sein. Denn zum einen ist die Soforthilfe unstrittig nach der Richtlinie vom 24.03.2020 beantragt worden und zum anderen unabhängig vom Zugang des Bewilligungsbescheides zur Auszahlung gelangt. Vor allem aber konnte der Empfänger nicht erkennen, dass die Verwendung der Soforthilfe nunmehr an andere Förderbedingungen – insbesondere an eine äußerst kurzfristige Verwendung und die Nichtbeachtung von Personalkosten – geknüpft sind, als diese bei Antragstellung galten.

Die ILB weist auf Ihrer Homepage darauf hin, dass maßgeblich nicht das Datum des Antragseingangs ist, sondern der Zeitpunkt der Bewilligung sei. Die zu diesem Zeitpunkt geltende Richtlinie sei anzuwenden. Da es sich bei der Soforthilfe um eine freiwillige Leistung handele, auf die kein Anspruch besteht, gäbe es auch bei zuvor gestellten Anträgen keinen Vertrauensschutz.

Diese Darstellung widerspricht ebenfalls der Richtlinie vom 24.03.2020. in Punkt 3.1 heißt es: „3.1 Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg gewährt die Soforthilfe aus Gründen der staatlichen Fürsorge des Landes Brandenburg zum Ausgleich von Härten im Rahmen der verfügbaren Ausgabeermächtigungen.“ Dabei ist zu beachten, dass das Land Brandenburg die Ausübung der gewerblichen und freiberuflichen Tätigkeit durch staatliche Maßnahmen in erheblichem Umfang eingeschränkt hat und deshalb zur Schadenskompensation verpflichtet ist.

Zwar handelt es sich bei der „Soforthilfe Corona“ der vorliegenden Art nach der Richtlinie um eine Leistung ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. Somit könnte es sich um freiwillige staatliche Maßnahmen handeln. (VG Würzburg, Urteil vom 19. April 2021 – W 8 K 20.1732 –, Rn. 31, juris). Ein Rechtsanspruch auf die Förderung besteht im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) dann, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Beklagten auch positiv verbeschieden werden (BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 26). (VG Würzburg, Urteil vom 19. April 2021 – W 8 K 20.1732 –, Rn. 32, juris). Vor diesem Hintergrund musste der Antragsteller darauf vertrauen, dass die bei Antragseingang geltenden Richtlinien anzuwenden sind und die Mittel richtlinienkonform verbraucht werden durften.

Mit freundlichen Grüßen